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Wer zahlt für die Klimakrise?

Anlässlich des Welttags für soziale Gerechtigkeit lohnt sich einen Blick darauf, warum reiche Menschen die meisten Treibhausgase emittieren, warum von Armut betroffene Menschen besonders darunter leiden und wie internationale Klimafinanzierung zu sozialer Gerechtigkeit beitragen kann.

Proteste auf der COP29. (Foto: UNclimatechange/Kiara Worth/Final negotiations/CC BY-NC-SA 2.0/flickr/cropped from original)

Seit 2009 feiern die Vereinten Nationen am 20. Februar den Welttag der sozialen Gerechtigkeit. Eine einheitliche Definition sozialer Gerechtigkeit existiert nicht. Dabei fällt der Begriff immer wieder auf Versammlungen der UN-Mitglied­staaten. Schon 1992 auf dem sogenannten Erdgipfel in Rio setzten sie sich das Ziel, „zwischen den Staaten […] und den Menschen eine neue und gerechte weltweite Partnerschaft aufzubauen“. Wie diese aussehen soll, definierten sie in der Rio-Deklaration mit 27 Grundsätzen. Im Mittelpunkt stand die Erkenntnis, dass ökologische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung gleich gewichtet werden müssen. Zudem erklären die Staaten, dass sie gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten für Umweltschutz zu haben. Grundsätzlich sollen die Verursacher die Kosten der Verschmutzung tragen. Leider ist das bis heute keine Realität. Auch die Klimakrise offenbart und vertieft soziale Ungerechtig­keiten auf der Welt:

  1. Ungleiche Verteilung der Emissionen: Wenige Reiche verursachen die Klimakrise. Laut Oxfam 2023 emittieren die reichsten 10 Prozent der Weltbe­völkerung, zu denen die Hälfte der Deutschen gehören, die Hälfte aller CO2-Emissionen weltweit. Auch innerhalb einzelner Staaten ist die Schuld am Klimawandel ungleich verteilt: Hierzulande emittiert das reichste Prozent fünfzehnmal mehr CO2 als die ärmere Hälfte der Bevölkerung; ein Milliardär oder eine Milliardärin verursacht in fünf Minuten mehr Treibhausgase als eine Durchschnittsperson im ganzen Jahr – durch luxuriöse Lebensstile, Einfluss auf die Politik und vor allem mit profitablen Investitionen in fossile Geschäfte.
  2. Ungleiche Verteilung von Folgen: Weltweit und bei uns zuhause trifft die Klimakrise arme Menschen am härtesten. Sie leben häufiger in Gebieten, die anfälliger für extreme Wetter­ereignisse wie Überschwem­mungen oder Hitzewellen sind. Ihre Wohnungen können Wind und Wetter weniger standhalten. Sie haben weniger Ersparnisse, um Sturm­schäden zu reparieren oder knapper werdende Lebensmittel zu kaufen. Verletzlich sind vor allem Kinder, Frauen, erkrankte und alte Menschen sowie Menschen mit Behinderung. Der sogenannte globale Süden ist aufgrund struktureller Armut besonders betroffen.
  3. Ungleiche Verteilung der Kosten: Gerade jetzt, wo Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die vereinbarten Klimaziele zu erreichen und Anpas­sungspläne umzusetzen, löst die Frage, wer dafür zahlen soll, hitzige Debatten aus. Ein Beispiel ist das deutsche Heizungs­gesetz. Auch der CO2-Preis kostet ärmere Haushalte größere Teile ihrer Einkommen. Ein Klimageld solle sie entlasten, versprach der Koalitionsvertrag der Ampel, beschlossen wurde es aber noch nicht. Dabei ist gerade jetzt sozial gerechte Klimapolitik so wichtig, um die Akzeptanz der Mehrheit für die notwendigen Umstellungen zu wahren. 

Inter­natio­nale Kli­ma­finan­zierung und ihre Lücken

Diese Ungleichheiten bestimmten auch die letzte UN-Klima­konferenz (COP29). Im November 2024 versammelten sich die Vereinten Nationen in Aserbaidschan, um ein neues internationales Klima­finan­zierungs­ziel abzustimmen. Bisher waren Industrie­länder verpflichtet, zwischen 2020 und 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und -anpassung in Ent­wicklungs­ländern zu mobilisieren. Obwohl sie dieses Ziel schon 2009 versprochen hatten, wurde es erst 2022 erreicht. Die Summe bestand zu fast 80 Prozent aus öffentlichen Geldern, davon waren fast 70 Prozent lediglich Kredite statt ‚Schenkungen‘, errechnet Oxfam. Dies verkenne, dass die reichen Industriestaaten als Hauptverursacher der Klimakrise eine finanzielle Verantwortung gegenüber den Meistbetroffenen tragen. Statt sie bedingungslos zu schützen, verdienen sie am Geschäftsmodell der Kreditvergabe und treiben die ärmsten Staaten dabei tiefer in Schuldenkrisen. Auch bleibt Klimaanpassung stark unterfinanziert, weil sich Hochwasser­schutz und Frühwarn­systeme mehr in Menschenleben als in Renditen auszahlen. 

Neues Klima­finan­zierungs­ziel bleibt hinter Bedarfen zurück

Bei so viel Verbesserungsbedarf waren die Hoffnungen auf ein gerechteres Klima­finanzierungs­ziel hoch. Doch das Ergebnis enttäuscht: Nach monatelanger Vorverhandlung beschlossen die Vereinten Nationen, das Klima­finanzierungs­ziel auf jährlich 300 Milliarden US-Dollar bis spätestens 2035 zu erhöhen. Zwar findet sich auch die Forderung von Ent­wicklungs­länder nach 1,3 Billionen US-Dollar im Beschluss wieder, allerdings nur als Handlungsaufruf an alle Akteure, statt als Verpflichtung von Verursachern. Es ist ein Minimalkonsens, den Empfängerstaaten und die Zivilgesellschaft scharf kritisieren. Für das nächste Jahrzehnt steht nur fest, dass beide Zielmarken schrittweise erreicht werden sollen und der Startpunkt bei 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr liegt. Ein internationales Gremium aus Expertinnen und Experten, dessen Schätzung der Bedarfe von Entwicklungs­ländern das Ziel maßgeblich beeinflusst hatte, empfiehlt, 2030 schon eine Billion US-Dollar bereitzustellen. Darauf bleibt zu hoffen. Für die qualitativen Probleme, wie die Überschuldung vieler Entwicklungsländer und die fehlenden Anpassungs­finanzierung, bietet das neue Klima­finanzierungs­ziel keine Lösungsansätze. 

Ebenso entgegen allen Forderungen aus meistbe­troffenen Regionen verpflichtet es die reichen Verursacher nicht, die Verluste und Schäden zu reparieren oder zu entschädigen, die auch bei einer Klimaerwärmung von 1,5 Grad Celsius unvermeidbar sind. Zwar wurde auf der UN-Klimakonferenz 2023 ein Fonds dafür beschlossen. Der ist aber noch nicht eingerichtet und bei weitem nicht genug befüllt, um die Bedarfe zu decken. Deutschland hatte für 2024 und 2025 je 50 Millionen US-Dollar zugesagt. 2026 steht die nächste Auffüllung an. Der Bundeshaushalt für das kommende Jahr wird also zeigen, wie ernst es der Regierung mit Klimagerechtigkeit ist. 

Der Weg nach vorn

Gerade hat Präsident Donald Trump den Ausstieg der USA als größter historischer Emittent aus dem Pariser Klima­abkommen beschlossen. Auch die deutsche Klimafinanzierung ist nach knappen Haushalten und rechtspopulis­tischen Kampagnen zuletzt gesunken. Dabei gibt es vielversprechende Ansätze, um Verursacher zur Kasse zur bitten, zum Beispiel eine globale Milliadärs­steuer und die Umwidmung klimaschädlicher Subventionen. Eine Studie der Klima-Allianz und anderer Nicht­regierungs­organi­sationen schlägt 24 zusätzliche Quellen vor, aus denen Deutschland in den nächsten Jahren bis zu 96 Milliarden Euro erschließen könnte. Sie ist nur eine vieler Stimme im Chor, der ruft: Es ist genug Geld da, um die Menschen sozialgerecht vor der Klimakrise zu schützen, – es muss nur richtig verteilt werden. 

Stella Eick

[1] Die Begriffe beziehen sich hier auf die Auflistung durch die Klima­rahmen­konvention 1992, da sich aus ihr gemeinsame, aber unterschiedliche finanzielle Verantwortung der Mitgliedsstaaten ableiten.

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