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Sicherheitsrat und Menschenrechte

Die zentrale Aufgabe des UN-Sicherheitsrats ist es, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. Er ist somit in erster Linie kein Menschenrechtsorgan. Aufgrund sich verändernder Konfliktsituationen geraten jedoch zunehmend auch Menschenrechtsthemen auf die Agenda des Sicherheitsrats.

Die schwedische Außenministerin sitzt an einem Tisch, vor ihr ein Tischschild mit der Aufschrift: Sweden. Sie spricht in ein Tischmikrofon.
Die schwedische Außenministerin Margot Wallström im Sicherheitsrat (UN Photo/Manuel Elias)

Die zentrale Aufgabe des UN-Sicherheitsrats ist es, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. Dafür wurde der Sicherheitsrat als einziges UN-Organ mit rechtlich verbindlichen Sanktionsmechanismen ausgestattet, die es ihm im Falle eines Bruchs oder der Bedrohung des Weltfriedens erlauben, in die Souveränität von Staaten einzugreifen. Nach Kapitel VII der UN-Charta darf er,  falls keine einvernehmlichen Lösungsansätze eines Konfliktes gefunden werden können, mit friedlichen Mitteln (Art. 41) – zum Beispiel durch wirtschaftliche Sanktionen – und mit militärischen Mitteln (Art. 42) in die territoriale und politische Integrität eines Staates eingreifen. Ursprünglich waren diese Sanktionsmöglichkeiten dafür gedacht, bewaffnete Konflikte zwischen souveränen Staaten zu verhindern oder zu beenden. Der Sicherheitsrat ist somit in erster Linie kein Menschenrechtsorgan.

Insbesondere nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende des Kalten Krieges entwickelte sich aufgrund der sich verändernden Konfliktsituationen, in denen es immer seltener zu bewaffneten Konflikten zwischen souveränen Staaten dafür aber häufiger zu bewaffneten innerstaatlichen Konflikten und Bürgerkriegen kam, eine Debatte darüber, ob der UN-Sicherheitsrat auch in diese Art von bewaffneten Konflikten eingreifen muss. Zudem wurde darüber diskutiert, ob ein positiver Frieden überhaupt entstehen bzw. gewahrt werden kann, wenn in einem Land systematisch elementare Menschenrechte verletzt werden.

Zunehmend setzt sich die Position durch, dass systematische Menschenrechtsverletzungen zu sozialen und politischen Spannungen führen, die schließlich auch den Frieden gefährden können. Menschenrechtsschutz und Friedenssicherung hängen in dieser Sichtweise also eng miteinander zusammen. Auch die Schutzverantwortung, die sogenannte Responsibility to Protect (R2P), kann daher im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen eine Rolle spielen.

Menschenrechtsschutz im Sicherheitsrat

Im Kontext bewaffneter, innerstaatlicher Konflikte wurden systematische und schwere Menschenrechtsverletzungen somit zunehmend auch im Sicherheitsrat diskutiert und mehrfach von seinen Mitgliedern als Bedrohung für den Frieden eingestuft. Das erste Mal geschah dies gegenüber den Apartheitsregimen in Rhodesien (1966) (heute Simbabwe) und Südafrika (1977), gegen die Sanktionen verhängt wurden.

Seit dem hat der Sicherheitsrat immer wieder durch die Verhängung friedlicher Sanktionen – z. B. ein vollständiges Handelsembargo (lediglich medizinische Güter, Lebensmittel und andere humanitäre Lieferungen waren davon ausgenommen) gegen den Irak nach dem ersten Golfkrieg – und mit mehreren humanitären Interventionen in innerstaatliche Konflikte eingegriffen. In der jüngsten Vergangenheit betraf dies z.B. die militärischen Sanktionen im Konflikt in Libyen. Hier hat der Sicherheitsrat am 17. März 2011 mit der Resolution 1973 der Einrichtung einer Flugverbotszone in Libyen mit 10 Ja-Stimmen und fünf Enthaltungen – unter anderem einer Enthaltung durch die Bundesrepublik Deutschland – zugestimmt.

Zudem hat er eine Reihe von thematischen Resolutionen verabschiedet, die dem Schutz von Zivilisten vor Menschenrechtsverletzungen dienen. So zum Beispiel die Resolutionen 1612 (2005), 1882 (2009), 1998 (2011) und 2068 (2012) zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten.

Probleme im Menschenrechtsschutz durch den Sicherheitsrat

Im Sicherheitsrat können Resolutionen nur dann verabschiedet werden, wenn keines der fünf ständigen Mitglieder – USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich - ein Veto einlegt und mindestens neun, der insgesamt 15 Mitglieder, dafür stimmen. Da Entscheidungen im Sicherheitsrat somit immer auch von den politischen Interessen seiner Mitglieder abhängen, hat sich in den vergangenen Jahren kein einheitliches Muster heraus gebildet, unter welchen Umständen Sanktionen gegen ein Land oder eine humanitäre Intervention beschlossen werden. Durch die unterschiedliche Zusammensetzung ihrer Mitglieder und die verschiedenen Arbeitsweisen gelangen der Menschenrechtsrat und der Sicherheitsrat zudem nicht immer zu einheitlichen Ergebnissen der Einschätzungen der Situationen in den Ländern. Darüber hinaus arbeiten die beiden UN-Organe nicht systematisch zusammen.

Dies erklärt, warum der Sicherheitsrat in einigen Ländern eingreift, in anderen Ländern, in denen die Menschenrechte systematische verletzt werden, jedoch untätig bleibt, oder durch ein Veto seiner ständigen Mitglieder nicht in der Lage ist, eine Resolution zu verabschieden, die ein Eingreifen mit Sanktionen ermöglichen würde.

Jüngstes Beispiel: Syrien. Während der Menschenrechtsrat bereits  im August 2011 mit der Resolution S17/1 eine unabhängige Kommission zur Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Syrien einsetzte (Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic),  blockierte der Sicherheitsrat aufgrund russisch-chinesischer Vetos bis Ende September 2013 jegliche Form der Sanktionen gegen das syrische Regime. Erst nach der Veröffentlichung des UN-Berichts über den Einsatz von chemischen Waffen in Syrien, gelang es dem Sicherheitsrat die Resolution 2118 zu verabschieden, in der die syrische Regierung zur Herausgabe und Vernichtung seiner Chemiewaffen aufgefordert wird.