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Die Internationale Arbeitskonferenz

Vom 3. bis 14. Juni 2024 fand die Internationale Arbeitskonferenz statt, die sich mit der Umsetzung und Weiterentwicklung humanitärer Arbeitsnormen befasst. Einzigartig ist die Konferenz deswegen, weil die teilnehmenden Staaten hier auch von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden vertreten werden.

Foto: ILO

Die Internationale Arbeitskonferenz (International Labour Conference - ILC) findet jährlich in Genf statt und ist die wichtigste Zusammenkunft zur Umsetzung und Weiterentwicklung von internationalen Normen und Regeln für den Arbeitsmarkt. Das bedeutet in der Praxis, dass ein breites Themenspektrum aus dem internationalen Arbeitsmarkt erörtert wird, um Lösungen für Probleme zu finden und sowohl alten als auch neuen Herausforderungen gemeinsam zu begegnen.

Was die Arbeitskonferenz ist (und was nicht)

Die Konferenz ist die oberste Instanz der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation - ILO), einer der ältesten und am meisten spezialisierten Sonderorganisationen der UN. Ihr untergeordnet sind das internationale Arbeitsamt auf niedrigster Ebene, sowie der Generaldirektor und Verwaltungsrat der ILO. Alle drei Instanzen berichten für die Konferenz über anfallende Probleme, Fortschritte von Projektvorhaben sowie über die Einhaltung bereits getroffener Beschlüsse. Einmal im Jahr werden im Rahmen der Konferenz aktuelle Themen diskutiert, Handlungsempfehlungen ausgesprochen und neue Beschlüsse verabschiedet. 

Der Aufbau der ILO ist entscheidend für ihre Funktionsweise und damit für die Relevanz der ILC: Nur diese oberste Instanz hat wirkliche Entscheidungsgewalt, weswegen der Zweck der Konferenz weit über einen Austausch hinausgeht. Da der internationale Arbeitsmarkt naturgemäß davon geprägt ist, dass Interessenvertreterinnen und -vertreter aus der ganzen Welt miteinander agieren, stellt die Struktur der ILO eine ganzjährig erreichbare Unterstützung und Leitstelle für regulativ-soziale Anliegen des internationalen Arbeitsmarktes dar. Damit leistet sie die sinnvolle Vorarbeit für die Arbeitskonferenz, denn die zusammengetragenen Themen bilden reale Entscheidungsgrundlagen ab.

Die Grundprinzipien der ILO prägen die Identität der Internationalen Arbeitskonferenz

Das inhaltliche Spektrum der Themen, die auf der Konferenz bearbeitet werden, ist einerseits breit und konzentriert sich andererseits ausschließlich auf Themen, die den fünf Grundprinzipien der ILO zugeordnet werden können: 

  1. Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen. Hierzu gehört beispielsweise das Agieren von Gewerkschaften.
  2. Die Abschaffung von Kinderarbeit. Vielerorts ist Kinderarbeit in nach wie vor ein Problem und steht der Entwicklung oder Aufrechterhaltung von fairen Wertschöpfungsketten im Wege. Auch wenn davon überwiegend weniger entwickelte Länder betroffen sind, so werden die Produkte auf dem internationalen Markt vertrieben, weswegen das Anliegen alle konsumierenden Staaten betrifft und nur bearbeitet werden kann, wenn internationale und interdisziplinäre Gruppen an einem Strang ziehen.
  3. Beseitigung der Zwangsarbeit. Zwangsarbeit ist da ein Problem, wo Menschen in Regimen unterdrückt werden. Häufig verfügen sie über eingeschränkte Mittel, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, wodurch sie eine zusätzliche Angriffsfläche bieten.
  4. Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.  ‚Andersartigkeit‘ im Vergleich zu vergangenen Gegebenheiten oder zu gegenwärtigen Mehrheiten diskriminiert wird aus vielen Gründen. Jeder Mensch hat ein Recht darauf, nicht diskriminiertes zu werden.
  5. Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit. Nicht alle Staaten verfolgen gleiche oder ähnliche Standards, was die Vorbeugung von Risiken für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft. Das macht internationale Zusammenarbeit oft schwierig. Unabhängig davon zielt die Arbeitskonferenz darauf ab, humane Arbeitsbedingungen weltweit zu schaffen. 

Die Arbeit der ILO zielt auf einen Zustand des internationalen Arbeitsmarktes ab, in dem idealerweise für jedes Land, jedes Alter, jedes Ausbildungsniveau, jedes Geschlecht und jede Gesellschaftsschicht faire Arbeitsbedingungen herrschen.

Teilnahme auf der Arbeitskonferenz

Vor allem die teilnehmenden Delegationen prägen die Plenarsitzungen der Konferenz: Jedes der derzeit 187 teilnehmenden Länder entsendet eine Gruppe von Delegierten, deren funktionale Zusammensetzung die ILO bestimmt und deren Auswahl das Land jeweils selbst entscheidet: So gibt die ILO vor, dass jeweils ein Delegierter eines Landes Arbeitnehmer, ein weiterer Arbeitgeber und zwei andere Delegierte die Landesregierung vertreten. Dies sind in der Regel ein teilnehmender Minister zusätzliche begleitende Funktionsträger. Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Delegierte sind durch Mitglieder oder Vorstände adäquater Vereinigungen oder Verbände vertreten. Die entsprechenden Organisationen und Personen allerdings bestimmt das Land selbst, und zwar durch eine Regierungsvertretung. Alle Delegierten dürfen bis zu zwei technische Beraterinnen oder Berater für jeden Fachgegenstand auf der Tagesordnung ernennen, welche ebenfalls an der Konferenz teilnehmen, allerdings weniger Rechte haben als sie. So dürfen sie zum Beispiel keine Stimmen in Plenarsitzungen abgeben. 

Auch sogenannte Beobachterinnen und Beobachter können an der Konferenz teilnehmen. Diese werden durch den Verwaltungsrat der Konferenz zugelassen und können Vertreterinnen und Vertreter nicht aktiv teilnehmender Länder oder von zwischenstaatlichen oder nicht staatlichen internationalen Organisationen sein. Ähnlich wie die die technischen Berater haben sie nicht die gleichen Rechte wie die offiziellen Gruppen der Abgesandten. Ziel ist es, ihnen Einblicke in das Prozedere der Konferenz und in die aktuellen Themen und Anliegen der internationalen Arbeitswelt zu geben. 

Gemeinsam für eine bessere Arbeitswelt

Die Zusammenarbeit der Teilnehmenden ist vor allem davon geprägt, dass sich auf der Konferenz Arbeitsgruppen formen, welche Fachausschüsse und Ausschüsse bilden, die wiederholt in Plenarsitzungen zusammenkommen. Abgesehen von Ausschüssen mit bestimmten Themen und Anliegen, an dem vor allem die Regierungsvertreterinnen und -vertreter freiwillig teilnehmen, bilden sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeber-Abgesandte eigene Arbeitsgruppen, um sich über aktuelle Themen oder Lösungsansätze auszutauschen.

Auf der Agenda der  stehen regelmäßig Berichte von Regierungsvorsitzenden, Informationen über das Tagungsprogramm, die Budgetierung der Konferenz und andere informelle Anliegen sowie Berichte über die Bewerbung von neuen Konventionen und Vorschlägen. 2024 kamen vor dem Hintergrund der aktuellen Weltlage folgende Tagesordnungspunkte dazu: Es wurde der Schutz vor Naturkatastrophen diskutiert, ebenso wie die Außerkraftsetzung einiger internationaler Arbeitskonventionen. Außerdem gibt es anhaltende Debatten über standardisierte Rechte und Bestimmungen am Arbeitsplatz, die weltweit gelten sollen, genauso wie die wirtschaftliche Situation und der ökonomische Schutz von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die in Bereichen der Erziehung, Pflege oder Sozialer Arbeit angesiedelt sind.

Ergebnisse der Konferenz: Und was nun?

Die Internationale Arbeitskonferenz ist zwar zugänglich für Beobachter. Dennoch ist sie in der Öffentlichkeit nicht besonders präsent und die Berichterstattung fällt mager aus. Das mag daran liegen, dass man annimmt, vermeintliche „Kleinigkeiten“ in Beschlüssen des Arbeitsmarktes mögen nur einen kleinen Unterschied machen. Nicht leicht ist zu berichten, wie groß die Hebelwirkungen verschärfter Sicherheitsauflagen für einzelne Länder oder Lieferketten sind. Dies stellt gleichzeitig auch einen Grund dar, warum Veränderungen in diesem komplexen Gebiet oft nur langsam zu erreichen sind.

Da das internationale Recht an sich über keine Vollstreckungsgewalt verfügt, sind die Beschlüsse und Verabschiedungen der  zwar einerseits bindend, andererseits steht ein Verstoß aber nicht direkt unter Strafe. Stattdessen behandelt die Konferenz Anliegen vieler Ländern separat, spricht ihnen gegenüber Empfehlungen oder auch das Bedauern aus, dass bereits vereinbarte Regelungen im vergangenen Jahr nicht eingehalten wurden. So wurde zum Beispiel Japan dieses Jahr unter anderem dazu aufgefordert, Status und Arbeitsbedingungen seiner Feuerwehrleute zu verbessern, während die Türkei besonders große Sorge damit auslöst, dass vielen Angestellten das Recht, sich in Gewerkschaften zusammenzutun, verwehrt bleibt. 

Die Umsetzung der Beschlüsse und Aufforderungen fallen unter nationale Hand. Doch auch, wenn die UN hier keine praktische Entscheidungsgewalt haben, bleiben ihre Aufforderungen sowie die gesamte Entwicklung von sozialen Standards des internationalen Arbeitsmarkts nicht ohne Konsequenzen: Im Zuge der gemeinsamen Zusammenarbeit mehrerer Länder an Problemlösungs-Strategien entwickeln sich mehr oder weniger schnell neue Standards. In der Konsequenz hat ein Ausbrechen aus diesen hin zu schlechteren Bedingungen für beteiligte Arbeitskräfte negative Folgen für das Ansehen eines Landes und den Produktionsstandort zur Folge. Damit ist ein Risiko für die Wirtschaft eines Landes oder zumindest für bestimmte Industriezweige oder einen Konzerne verbunden, weswegen internationale Politik hier trotz nicht vorhandener Vollstreckung von Zwangsmaßnahmen dennoch auch dann eine regulative Wirkung haben kann, wenn einzelne Beteiligte sich nicht an besseren Standards orientieren wollen oder können.

Mona Holy

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