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Schutz vor Folter

Folter verstößt gegen die Menschen­rechte. Staaten sind deshalb verpflichtet, dafür zu sorgen, dass es in ihrem Land nicht zu solchen Formen grausamer Behand­lung kommt. Doch die Realität sieht vieler­orts anders aus. Nicht nur extremistische Gruppen, auch staat­liche Akteure selbst nutzen Folter zur Unter­drückung politischer Gegner oder zur Informations­gewinnung.

Demonstration in Somalia (UN Photo/Tobin Jones)

Die Freiheit von Folter sowie grausamer, unmensch­licher oder erniedrigender Behand­lung oder Strafe ist ein grund­legendes Menschen­recht: Bereits als Artikel 5 der Allge­meinen Erklärung der Menschen­rechte (1948) und Artikel 7 des Inter­nationalen Paktes über Bürgerliche und Politische Rechte (International Covenant on Civil and Political Rights - ICCPR; 1966) ist das Folter­verbot durch die inter­nationale Gemein­schaft verankert worden. Weiter konkretisiert wurde es durch die Konvention gegen Folter (Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment - CAT).

Dennoch wird laut dem Jahres­bericht 2013 von Amnesty International in 112 Staaten – also circa der Hälfte aller Staaten welt­weit – gefoltert. Ins Blick­feld der Öffentlich­keit ist seit den Skandalen um das Gefangenen­lager in Guantanamo Bay und um das Gefängnis Abu Ghraib ins­besondere die Folter­praxis der USA im Kontext des „Krieges gegen den Terror“ gerückt. Doch Folter wird nicht nur zur Informations­gewinnung eingesetzt; Ein­schüchterung politischer Dissidenten, Bestrafung oder Diskriminierung des Opfers sind eben­falls häufig auftretende Motive.

Hinzu kommen strukturelle Faktoren: gilt ein Geständnis als Beweis, so erscheint Folter als probates Mittel, den Ermittlungs­aufwand bei Straf­taten zu reduzieren. Wie bekannt gewordene Folter­exzesse gezeigt haben, spielt auch die psychologische Komponente eine wichtige Rolle. Folter ist die faktische Ausübung totaler Herrschaft über das Opfer. Die Methoden der physischen und psychischen Folter sind ebenso viel­fältig wie schockierend. Von Stiefel­tritten zu Elektro­schockern, von stunden­langem Stehen in unbequemen Positionen hin zur Konfrontation der Opfer mit Dunkelheit, extremen Temperatur­schwankungen, Schlaf­entzug und Nackt­heit.

Dabei ist das Folter­verbot absolut und lässt weder Aus­nahmen noch Recht­fertigungen zu. Mit dem Inkraft­treten des Fakultativ­protokolls zum Über­ein­kommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe im Jahr 2006 wurde ein weiteres und vergleichs­weise starkes Instrument zur Prävention von Folter geschaffen. Nun sind die Staaten in der Verant­wortung, der Konvention und dem Fakultativ­protokoll beizu­treten, es umzu­setzen und Folter damit zu verhindern beziehungsweise zu bekämpfen sowie die Möglich­keit einzu­räumen, die Folter­situation des Landes einer unab­hängigen Über­prüfung zu unter­ziehen.

Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe

Das Überein­kommen gegen Folter und andere grausame, unmensch­liche oder erniedrigende Behand­lung oder Strafe wurde am 10. Dezember 1984 von der UN-General­versammlung angenommen und trat am 26. Juni 1987 in Kraft. Derzeit sind 173 Staaten dem Über­ein­kommen beigetreten (Stand: Juli 2024). Das Über­ein­kommen wurde mit dem Ziel verabschiedet, den Kampf gegen Folter und andere grausame, unmensch­liche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu verbessern und effektiver zu gestalten.

Es muss im Kontext von weiteren inter­nationalen Abkommen interpretiert werden. Darauf weist die Präambel hin, welche sich unter anderem explizit auf Artikel 7 des Inter­nationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und auf Artikel 5 der Allge­meinen Erklärung der Menschen­rechte bezieht. Beide Artikel beinhalten das absolute Folter­verbot: „Niemand darf der Folter oder grausamer, unmensch­licher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“

Das Folter­verbot gilt als ius cogens, ist also als zwingendes Recht und absolut gültig, welches somit auch nicht durch inner­staatliche Gesetze oder bilaterale Verträge ein­geschränkt oder auf­gehoben werden darf. Ausdrück­lich wird fest­gehalten, dass es auch nicht möglich ist, Folter unter Berufung auf die Weisung eines Vorgesetzten oder durch Extrem­situationen wie Krieg oder einen öffent­lichen Not­stand zu recht­fertigen. Die Vertrags­staaten verpflichten sich, Folterungen zu verhindern und jede Form von Folter unter Strafe zu stellen.

UN-Definition von "Folter"

Das UN-Generalsekretariat bei Nacht hat die leuchtenden Buchstaben "No Torture" auf seiner Fassade.
UN Photo/Eskinder Debebe

Im Übereinkommen gegen Folter wird Folter definiert als 

„jede Handlung, durch die einer Person vor­sätzlich große körper­liche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aus­sage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzu­schüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgend­einer Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Ange­hörigen des öffent­lichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigen­schaft handelnden Person, auf deren Veran­lassung oder mit deren ausdrücklichem oder still­schweigendem Einver­ständnis verursacht werden. 

Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetz­lich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind.“

Im Über­ein­kommen mit der  Definition von „Folter“  in Artikel 1 ist fest­gelegt, was unter Folter zu verstehen ist und die Staaten verpflichten sich dazu, auf allen ihnen möglichen Ebenen gegen sie vorzu­gehen, sie zu verhindern bzw. unter Strafe zu stellen sowie keine Person an einen Staat auszu­liefern oder abzu­schieben, wenn diese Person dort Gefahr läuft, gefoltert zu werden. Auch andere Formen von grau­samer, unmensch­licher oder erniedrigender Behandlung, die über die in Artikel 1 fest­gelegte Folter-Definition hinaus­gehen, werden in Artikel 16 verboten.

Auch die staat­lichen Vor­schriften zu Frei­heits­entzug und Vernehmungen müssen regel­mäßig über­prüft werden, um Folter vorzu­beugen. Verankert ist auch, dass Geständ­nisse oder Informationen, die unter Ein­fluss von Folter getätigt wurden, niemals vor Gericht oder einem sonstigen Entscheidungs­organ als Beweis­mittel ange­führt werden dürfen. Das Über­ein­kommen ent­hält zudem einen Über­prüfungs­mechanismus: den Aus­schuss gegen Folter. 

Ausschuss gegen Folter

Die Vertrags­staaten der Anti-Folter-Konvention haben sich verpflichtet, alle vier Jahre einen Bericht zur Folter­situation in ihrem Land an den Aus­schuss gegen Folter zu über­mitteln. Das Gremium setzt sich aus zehn unab­hängigen, von den Staaten gewählten Experten zusammen. Seine Aufgabe ist es, diese Berichte zu überprüfen und auf Basis dieser sogenannte „concluding observations“ (zu deutsch: abschließende Bemerkungen) zu verfassen, in denen Bedenken und Vorschläge formuliert werden. Sowohl die Berichte als auch die abschließenden Bemerkungen werden veröffentlicht.

Darüber hinaus wurden dem Ausschuss weitere Kompetenzen eingeräumt: Er darf sich auch mit Individual­beschwerden sowie Beschwerden eines Staates gegen einen anderen Staat befassen. Wenn glaub­hafte Informationen vorliegen, dass in einem Staat systematische Folterungen stattfinden, darf er auch eine vertrau­liche Unter­suchung ein­leiten, um dies zu über­prüfen. Eine Zusammen­fassung der Ergeb­nisse kann der Aus­schuss in seinen jährlichen Bericht aufnehmen; mit Zustim­mung des Staates kann auch der ganze Bericht über die Unter­suchung veröffent­licht werden.

Schließlich gibt der Aus­schuss „general comments“ (zu deutsch: allgemeine An­merkungen) heraus, in denen die Bestim­mungen des Überein­kommens im Detail erläutert werden. Damit sollen die genauen Verpflich­tungen sowie deren Aus­maß konkretisiert werden, falls einzelne Bestim­mungen von Staaten unter­schiedlich inter­pretiert werden.